Montag, 5. Dezember 2005

Beiges Mädchen mit Rotwein

Ich stand beim Gemüse, künstliches Bunt aus Spanien, während die Kassiererin wiederholt unwirsch „Den Gutschein nehmen wir nicht. Sie können das alles dalassen.“ zu einer kleinen alten Frau sagte, die das herzigste Gesicht hatte, das ich seit langem gesehen habe. Sie verstand nicht, warum sie ihren Einkauf nicht mitnehmen konnte. Ich starrte auf die eingeflogenen Paprika, die nie gut riechen, und wurde traurig, weil ihr Einkauf berührend war. Ein Fläschchen Rotwein, ein kleines Stück Hühnerfleisch, Lebkuchen, und zwei Bananen. Sie ging mit verwirrtem Blick, langsam schob sie das leere Einkaufswagerl vor sich her, während die Kassiererin ihre wenigen Sachen beiseite schob, zum späteren Wegräumen bestimmt. Ich starrte weiterhin auf die eingepferchte rot-grün-gelb Kombination, die eh schon matschig war. Ich hatte 10 Euro dabei, zerknittert in meiner Hosentasche. Ich hatte eigentlich alles daheim, nur ein bisschen Gemüse und Milch fehlte. Die Tür schloss sich hinter dem kleinen Wesen, das geistesabwesend in der Tasche herumkramte. Ich legte die Zucchini zurück und ging hinaus. Sprach sie an, und die Augen waren voller Wärme auf mich gerichtet. Ich bat sie, mir den Gutschein zu zeigen. Er war von einem anderen Lebensmittelgeschäft und steckte in ihrem Geldbörsel, in der ein paar wenige Münzen lagen. Sie tat mir so unendlich leid. Ich zog meine 10 Euro aus der Tasche und drückte sie ihr in die Hand, meinte, sie solle hineingehen und ihre Sachen damit bezahlen. Sie nahm meine Hand, aber nicht das Geld, und weinte. So standen wir ein bisschen betreten beieinander und ich betrachtete ihr Gesicht, große braunen Augen, eine Narbe über dem kleinen Mund, sie hatte ein sanftes Gesicht, im Gegensatz zu anderen Frauen ihres Alters, die verbissen und böse aussehen. Wir weinten beide ein wenig und ich ließ sie gehen, stand wieder lange vorm Gemüse und war enttäuscht von mir selber, dass ich nicht einfach ihren Einkauf bezahlte und ihr mit nach Hause gab, ein Zuhause, in dem sie wahrscheinlich seit Jahren allein lebt. Und es tat mir so leid, dass ich sie zum Weinen brachte und sie mit meiner Geste des Geldgebens wahrscheinlich demütigte. Ich wünschte, ich hätte herzlicher und entschlossener gehandelt und ihr einfach ihren Einkauf nach draußen gebracht. Über die Gurken beobachtete ich, wie die Kassiererin lieblos die Sachen der alten Dame zurück ins Regal stellte und ich war traurig.

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